Mittwoch, 24. April 2024
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„Bäume abgeholzt“ in der Pichelsdorfer Straße — wieviel Bäume müssen nachgepflanzt werden?

Pichelsdorfer Straße: Bäume gefällt

Die Pichelsdorfer Straße soll umgebaut werden. Viele Bäume mussten dazu im Februar gefällt werden. Inzwischen kann man die Baumstümpfe zählen und sich Gedanken über den Verlust für das Stadtklima und für die Spandauer Grünbilanz machen.

Die 31 gefällten Stadtbäume haben jahrzehntelang das Straßenbild der Pichelsdorfer Straße bestimmt, und haben über viele Jahre beachtliche Baumkronen ausgebildet. Praktisch haben sie hier über ein Menschenalter gestanden, im Herbst Blätter abgeworfen, und im Frühjahr wieder neues Laub entfaltet.
Die Blätter haben Staub und Feinstaub ausgefiltert, und im Sommer kühlenden Schatten gespendet.

Viele tausende Male haben hier auch Hunde gegen die Bäume uriniert, ihr Revier markiert und ihren Kot in den Baumscheiben abgesetzt. Oft wurden die Bäume auch zum Anlehnen von Fahrrädern genutzt. Gewässert wurden sie sehr selten, und haben doch mehr oder minder durch Dürrejahre standgehalten.

Nun sind die Bäume abgesägt, und die Datenbank mit den Karteneinträgen in der City-Lab-Anwendung www.giessdenkiez.de muss nun korrigiert werden.

Im eng bebauten Bereich der Pichelsdorfer Straße werden künftig kleinkronige Jungbäume der heimischen Art Spitzahorn, Sorte „Cleveland“ gepflanzt. Der Spitzahorn ist für einen städtischen Standort geeignet und weist eine schöne Herbstlaubfärbung auf. Das „Prädikat klimaresilient“ ist irreführend, denn der Baum benötigt in Dürrejahren zwingend pflanzenverfügbares Wasser im Boden. — Im Klimawandel muss daher auch in der Wilhelmstadt Vorsorge für alle Straßenbäume getroffen werden.

Wegen der geografischen Ausrichtung der Pichelsdorfer Straße in Nord-Süd-Ausrichtung liegt die westliche Straßenseite überwiegend im Schlagschatten der Nachmittagssonne. Die Baumreihe an der östlichen Straßenseite steht dagegen in der vollen Sonne und benötigt daher vorwiegend im Hitzesommer eine geregelte Zusatzbewässerung.
Bisher haben die Niederschläge im Sommer für die Bäume weitgehend ausgereicht, rund 240 mm Regen fallen in den Sommermonaten. Doch im letzen Hitzesommer hat es an gemessenen Standorten bis zu 140 mm Verdunstungsverluste gegen. Das sind Werte, die auch bei Bewässerung das Anwachsen von Jungbäumen gefährden — wenn die Luftfeuchtigkeit zu im Hitzesommer zu sehr absinkt, und das Phänomen „durstige Luft“ auftritt. Jungbäume können dann binnen Stunden austrocknen, weil sie über die Blätter mehr Wasser verdunsten, als durch ihre Kapillaren im Stamm und in den Äste nachgeliefert wird.

Kronenvolumen und Kronenzuwachs müssen bilanziert werden

Bisher werden in Berlin nur einfache Baumbilanzen geführt, die gefällte und neu gepflanze Bäume in Listen gegenüberstellen. Im Klimawandel wird es notwendig etwas mehr zu tun: auch deas Kronenvolumen gefällter Bäume und der Kronenzuwachs von Jungbäumen müssen bilanziert werden.

So kann es sinnvoll sein, bei Neupflanzungen kräftigere Bäume zu pflanzen, die den Verlust des stadtklimatisch kühlende Kronenvolumens schneller im Zuwachs kompensieren könnnen.

Ökologische Baumbilanzen werden daher notwendig, die auch Standortbedingungen, Wurzelraum und Wasserverfügbarkeit, Bewässerungsbedarf und Exposition zur Sonne berücksichtigen.

Was kann die Kommunalpolitik dafür tun?
Zuerst sollten alle Baumfällgutachten künftig das Baumkronenvolumen als Eingangsdaten erfassen.

Was können Schüler- und Studentenprojekte dafür tun?
Am Beispiel der Pichelsdorfer Straße könnte die Methodik für „Ökologische Baumbilanzen“ entwickelt werden. Schulprojekt, „Jugend forscht“, Studienarbeit, Diplomarbeit – alles ist möglich!

Was können CityLab und CitizenScience-Projekte tun?
Forschungen zum Wasserhaushalt der Bäume kann durch neue Ideen voran gebracht werden!

Was kann die Spandauer Tageszeitung dafür tun?
Mit dem Konzept „Offene Redaktionelle Gesellschaft“ entsteht das neue Bürger-Recht zum öffentlichen Publizieren! — Publizieren für die Allgemeinheit — statt nur „posten“ im sozialen Netzwerk!

Auf allen vier Ebenen kann das „Projekt Ökologische Baumbilanz“ innovativ voran gebracht werden.
Erstes Ziel ist eine ausgeglichene CO2-Bilanz „Straßenbäume“, die Baumfällungen, Kronenvolumen und CO2-Bindung durch Kronenzuwachs bilanziert. Der schleichende Verlust von Bäumen in Berlin und eine weitere Schrumpfung des „Grünvolumens“ in der Stadt soll damit aufgehalten werden.


Kontakt: info@spandauer-tageszeitung.de | Public Open Innovation: „Ökologische Baumbilanz“

Berlins Straßenbaumbilanz ist in Schieflage! Gemeinwohl und Umweltgerechtigkeit stehen auf dem Spiel - Grafik: Pixabay, FLL e.V.
Berlins Straßenbaumbilanz ist in Schieflage! Gemeinwohl und Umweltgerechtigkeit stehen auf dem Spiel – Grafik: Pixabay, FLL e.V.